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Momentaufnahme: Großes Leben

Manchmal liest man ein unbedeutendes Buch so einfach weg, es ist unterhaltsam, aber mehr auch nicht…denkt man, bis man dann doch noch einen wichtigen Satz entdeckt.

„Ich habe Angst davor, ein kleines Leben zu führen, obwohl ich ein viel größeres führen könnte„, sagt da ein Mann zu seiner Frau nach zwölf Jahren Ehe und einer heißen Affäre mit der zweiten Frau seines Vaters, der vor wenigen Wochen verstorben ist.

So, hier noch mal der Satz ohne Einbettung in den Romankontext:

Ich habe Angst davor, ein kleines Leben zu führen, obwohl ich ein viel größeres führen könnte.

Wie groß wollen wir unser Leben führen? Welche Erwartungen haben wir noch? In Mittelmäßigkeit verharren – oder gibt es da noch viel mehr??? Lieber ein kleines übersichtliches Leben als ein großes unbekanntes???


Nur das erste Mal war es gewöhnungsbedürftig, danach wussten wir ja, was uns erwartete. Es war seine ganz besondere Art, die sturmfreie Bude zu nutzen. Er lud uns ein, immer zum späten Nachmittag, ein erlesener Kreis, der nach und nach immer kleiner wurde, weil kaum jemand seine Veranstaltungen aushielt.

Jedesmal öffnete er die Tür, er war im Frack, bat uns ins Wohnzimmer, wo in angenehmer Lautstärke klassische Musik zu vernehmen war. Der Tisch war formvollendet gedeckt, es gab Kaffee und Schwarzwälderkirschtorte, die er im Café bestellt hatte. Danach ein Glas Champagner, das musste sein.  Er war ein aufmerksamer Gastgeber, der aber auch höchste Ansprüche an uns als Gäste stellte.

Er zog sich dann eine knappe Viertelstunde zurück, um sich zu sammeln, kam wieder mit seinem Taktstock in der Hand, mit dem er dann mehrmals auf den Tisch schlug. Dann sahen wir nur noch seinen Rücken. Der Notenständer wurde gerückt, die Noten zurechtgelegt. Eine Schallplatte wurde aufgelegt, die Lautstärke aufgedreht und er, der Dirigent, begann, sein Orchester zu leiten und zu führen – nur Bestleistung von sich und den Musikern konnte er akzeptieren. Er glitt hingebungsvoll in eine andere Welt. Schweißtreibend war seine Arbeit, aber er ging ganz darin auf.

Mehr als die Spieldauer einer LP-Seite hielt er nicht durch, wir aber auch nicht. Hatte sich der Tonarm wieder in seine Ruhestellung begeben, wartete er auf unseren Applaus. Er verneigte sich vor uns, dem Publikum, drehte sich zu seinem imaginären Orchester um, nickte anerkennend, legte den Taktstock zur Seite und tupfte mit einem großen, blütenweißen Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

„Perfekt!“, sagte er und schaute uns erwartungsvoll  an. „Nun, wie war ich?“

Wie er war? Das konnten wir gar nicht richtig beurteilen.  Er war unser Klassenkamerad, aber so ganz anders als wir mit unseren siebzehn Jahren.  Wir kannten sturmfreie Buden – mit Feten, tanzen, Lambrusco, Spaghetti kochen, knutschen, rumhängen, heißen Diskussionen… Aber so etwas?

An alle Schreibwütigen!

Ich lade euch herzlich ein zu dem Kurzprosa-Schreibprojekt „Ein Start – viele Stories“, das folgendermaßen läuft:

1. Der vorgegebene Anfangssatz lautet:

Die einzige Möglichkeit, Klarheit in diese Angelegenheit zu bringen, sah ich darin, einen Brief zu schreiben…

2. Ihr schreibt eine Geschichte weiter, die bis Freitag, dem 18.September 2009 – 12.00 Uhr fertiggestellt sein soll. Ihr postet die Geschichte in eurem Blog – nicht früher als zum angegebenen Termin!

3. Alle Teilnehmer können dann über Donna schreibt abgerufen werden, weil ich diese dann mit entsprechendem Link poste.

4. Bitte benutzt die Kommentarfunktion, um mir mitzuteilen, ob ihr an diesem Projekt teilnehmen wollt.

5. Viel Spaß!

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Ok, bis jetzt werden ihre Schreibwut( ! = bestimmt / ? = mal sehen…) ausleben:

Bigi!

Chinomso!

Donna!

Elana????

Elke Mainzauber!

Follygirl!

Renate!

Sunny!

Waldviertelleben!

Yolanda!

Ich freue mich auch schon auf viele unterschiedliche Geschichten – und vielleicht erzählt ihr es weiter, das Schreibprojekt, das jetzt jeden Monat stattfinden wird.

Herzliche Grüße – Donna

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HINWEIS:

Nach sorgfältiger Überprüfung behalte ich mir das Recht vor, Interessenten an „Donnas Schreibprojekt in der Schreibwerkstatt „von der Teilnahme auszuschließen.

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Da hatte ich das Abi in der Tasche und litt an grenzenloser Selbstüberschätzung.

Auf dem Abiball kam ich noch kurz mit meiner Deutschlehrerin aus der elften Klasse  ins Gespräch. Was hatte sie sich angestrengt für dieses Event, die Augenbrauen balkendick nachgezogen und den Mund knallrot übergemalt. Sie war ein wenig außer Atem vom Tanzen. Ihr Mann, ebenfalls Lehrer an unserer Schule, hatte sie so schwungvoll und federleicht über das Parkett der Aula wirbeln wollen und musste sich dann doch eher abmühen mit ihr, die in seinen Armen so ungelenk und stolperig hinter ihm hertapste. Ihr hatte das Tänzchen sehr viel Vergnügen bereitet, sie strahlte über das ganze frohe Farbengesicht.

„Prima, Ihr Notendurchschnitt“, lobte sie mich, „was haben Sie nun vor?“

Ich antwortete nicht direkt auf die Frage, sondern sagte voller Überzeugung: „Von mir werden Sie noch hören, ich schreibe nämlich ein Buch.“

„Das würde mich nicht wundern“, entgegnete sie freundlich, „jahrelang haben Sie die Schülerzeitung mitgestaltet und Sie sind in der Schreibwerkstatt,  gute Voraussetzungen.“

Bei jeder Examensarbeit dachte ich an meine Worte, wenn ich die gebundenen Exemplare in der Hand hielt, bei jeder großen Präsentation und Studie, an der ich mitgearbeitet hatte. Aber es gab kein Buch in all den vielen Jahren.

Nach über dreißig Jahren traf ich meine Lehrerin zufällig wieder, als ich zu Besuch war in meiner Heimatstadt. Sie erinnerte sich nicht an unsere kleine Unterredung, an meinen Höhenflug, da musste ich ihr auf die Sprünge helfen. Aber beide konnten wir herzlich darüber lachen.

Momentaufnahme: Frühstück

Er wusste, wenn er jetzt nicht beherzt zuschlagen würde, würden es andere tun. Und so bediente er sich reichlich von dem schönen Frühstücksbüffet, das alle Lehrer am letzten Schultag in noch mehr Ferienlaune versetzen sollte.

Ein bisschen dies, ein bisschen das, lecker. Gerade wollte er…, aber nein, da sprach ihn der Oberstufenkoordinator an und bat ihn in sein Büro. Geistegegenwärtig deponierte er sein Frühstück in seinem Fach. Klappe zu. Man weiß ja nie, Brötchenklau.

Das Gespräch dauerte, danach musste er sich beeilen, um pünktlich zur Verabschiedung der ausscheidenden Kollegen zu sein. Rührend war es ergreifend, es wurde zurückgeblickt auf zusammengerechnete 123 Schuljahre. Danach – schon eine gute Viertelstunde Verspätung auf dem Tacho, eilte er los, um seine Kinder einzusammeln.

Seine gehorteten Frühstücksschätze hatte er vergessen, aber sie ihn nicht. Die sechswöchige Missachtung wurde bestraft mit einem ganz besonderem Geruch und einem wenig appetitanregenden Anblick, der ihn wie aus heiterem Himmel traf, als er am ersten Tag des neuen Schuljahres sein Fach öffnete.

Momentaufnahme: ZerBrechlichkeit

Sie steht vor mir an der Kasse um die Mittagszeit. Sie wirkt so zerbrechlich, so unsicher auf den spindeldürren Beinen. Die große Sonnenbrille verdeckt fast das ganze hagere Gesicht. In der einen Hand hält sie ein kleines Schälchen Obstsalat, in der anderen vier Päckchen Marlboro light. Immer wieder schüttelt sie ihr langes, gelocktes Haar. Dann legt sie die Ware auf das Band, holt ihr Portemonnaie aus der Tasche. Ungeduldig fingert sie an dem Verschluss.

Sie ist die Frau eines stadtbekannten Arztes. Und ich denke: ‚Mein Gott, kann er ihr denn gar nicht helfen?‘

Die alte Mrs. Mossop setzte für den Arzt immer ihre Zahnprothese ein. Dem Vikar wurde diese Ehre nicht zuteil, weil er viel zu trocken und unattraktiv war. Aber der Doktor hatte Sex-Appeal, und darauf reagierte Mrs. Mossop, obwohl sie über achtzig war und an metastasierendem Krebs dahinsiechte. Sobald das lehmbespritze Auto des Arztes vor ihrem Cottage hielt – ihr Stuhl am Fenster war ein ausgezeichneter Beobachtungsposten – fischte sie in dem Wasserglas auf dem Fensterbrett herum und schob die Zähne in den Mund.

So beginnt der Roman „Wirbel des Lebens“ von Joanne Trollope, einem Flohmarktschnäppchen, dessen Anfang mir nett genug erscheint, als kurzweilige Herbstferienlektüre zu dienen. Mal sehen, was mich da erwartet. Wenn ich es ausgelesen habe, wandert es in die Bücherspendenkiste für die Waldorf-Schule, weil ich mir geschworen habe, nicht mehr alle Bücher zu horten – und das werde ich jetzt auch konsequent umsetzen – wirklich!!!

Ausstellungseröffnung „August Macke ganz privat“ besucht, alle Arbeiten ausschließlich aus dem Besitz der Familie und erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Vorstellung, dass diese Werke sonst in Privathäuser hängen, hatte etwas Anheimelndes.

Film Julie & Julia angeschaut. Ja, ich wusste es immer schon, Kochen und Backen machen glücklich und können die mieseste Lebenssituation noch irgendwie erträglich gestalten. Eine weitere Erkenntnis: Regelmäßiges Bloggen kann dazu führen, dass man eine berühmte Autorin wird. Ich werde also dranbleiben…

Ach ja, eine besondere Begegnung mit einer Kinderbuchautorin, die hier aber nicht genannt werden möchte, hatte ich auch. Sie schreibt wunderschöne Geschichten…

Auf dem Flohmarkt habe ich vier Bücherschnäppchen gemacht. Eines davon ist ein Time Life Kochbuch, das ein ausgefallenes Wiener Patzerlgugelhupf-Rezept enthält. Hätte ich frische Hefe im Haus gehabt, ich hätte zu Hause wahrscheinlich sofort losgelegt nach bester Julie/Julia-Manier.

Zum Autorentreff „Alltagslyrik“ gibt es nix zu sagen, viel Gequältes, wenig Gelungenes. Kann aber auch eine Fehleinschätzung sein, weil das akustisch so flüchtig ist…

Italienisch-Vokabeln beim Bügeln, italienischen Wein zum Essen, bisschen deutsche Gemütlichkeit am Abend – Wochenende vorbei.

Altweibersommer

Altweibersommer,

Pflaumenmus und Falläpfel.

Wir lassen uns den Rücken

von der Sonne wärmen.

Ein Schmetterling hat sich

in unseren Büchern verirrt.

Er hat uns befreit,

mein König.

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Und hier erklärt ELANA den Altweibersommer. Das war nicht abgesprochen, dass wir heute zum selben Thema posten…

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Zwei Menschen

Eine Situation.

Zwei Menschen.

„Ach, alles nicht so schlimm“,

sagst du.

Ich aber könnte

auf der Stelle sterben.

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