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D.I.E.S.E  T.U.S.S.E

Missmutig räumte sie die Geschirrspülmaschine aus. Ob aus diesem verkorksten Wochenende noch etwas herauszuholen war, wagte sie zu bezweifeln.

Die Auseinandersetzung mit ihrer mittlerweile 14-jährigen Tochter am
gestrigen Abend hatte dafür gesorgt, dass sie lange nicht einschlafen
konnte und dann auch nicht den erholsamen Schlaf fand. Wie gerädert war
sie erwacht und anstatt sich wie sonst noch einmal umzudrehen, war sie
aufgestanden und hatte sich eine große Kanne Tee gekocht. Sina würde
zum gemeinsamen Frühstück erst viel später erscheinen, wenn
überhaupt… Wenn sie überhaupt wieder mit ihr reden würde…

___

Gestern hatte Sina geredet wie ein Wasserfall, wobei das Wort
‚widerlich‘ ihr wie ein Mantra Halt zu geben schien. Man bedenke, ein
deutsches Wort in ihrem von Anglizismen wimmelnden Sprachgebrauch,
wobei sie das i so in die Länge dehnte, als ob es tatsächlich mit ie
geschrieben würde – böse Falle bei der Verschriftlichung, aber egal,
wir sind ja bei gestern Abend.

„Widerlich, diese Tusse, die jetzt unbedingt Papa heitraten will! –
Widerlich, wie die sich an ihn rangemacht hat! – Widerlich, wie die
sich bei mir einschleimen will! Widerlich, wie die sich küssen, wenn
ich dabei bin! Widerlich, diese Verlogenheit! Widerlich…“

„Halt! Stopp!“, gebot sie Einhalt,“was bitteschön ist verlogen an
der Sache? Dein Vater möchte erneut heiraten, er hat dir seine
zukünftige Frau vorgestellt und sie haben dich zur Hochzeit eingeladen.
Dein Vater hat mir sechshundert Euro gegeben für Kleidung, Schuhe,
Friseur und Schickimicki. Das empfinde ich als äußerst spendabel. Er
möchte dich dabei haben und er möchte, dass du hübsch aussiehst, dich
wohlfühlst und dich mit ihnen freust.“

„Ich kotze gleich vor lauter Freude!“, schrie sie und fing
bitterlich an zu weinen. „Und du, du tust doch nur so cool, du kannst
mir nicht weismachen, dass dir das alles nichts ausmacht! – Spendabel,
dass ich nicht lache!! Sein schlechtes Gewissen will er beruhigen! Aber
nicht mit mir! Ist doch widerlich, so etwas!“ Abrupt erhob sie sich vom
Sessel und verschwand in ihrem Zimmer, ohne ihre Mutter eines Blickes
zu würdigen.

Laute Musik dröhnte durch das Haus, dann wurde es still, weil sie
bestimmt mit ihrer Freundin telefonierte. Sie konnte im Moment nichts
für Sina tun, sie tat ihr unendlich Leid in ihrem Schmerz. Sie war
eifersüchtig, fühlte sich zurückgesetzt, weil sie nun nicht mehr die
Nummer eins war bei ihrem Vater. Und sie als Ex-Frau? Tat sie nur cool
oder war sie es wirklich? In sich hineinhorchend, spürte sie keinen
unangenehmen Pieks. Gut. In den vielen Jahren, die seit der Scheidung
vergangen waren, hatten doch viele Wunden heilen können.

Sina brauchte eine gute Stunde, um an ihrem Konzept zu arbeiten.
„Also“, begann sie, „ich werde nicht zu dieser Hochzeit gehen, es sei
denn, du kommst mit.“ Provozierend sah ihre Mutter an. „Wenn es dir
wirklich nichts ausmacht, dann hast du doch kein Problem damit, oder?“

„Das werde ich bestimmt nicht tun, ich habe da überhaupt nichts zu suchen!“

„Ok, genau die Reaktion habe ich von dir erwartet. Nächster
Vorschlag: Wir tun so, als ob ich ginge, aber ich erkranke plötzlich
und kann leider das Bett nicht verlassen. Sechshundert Euro gespart,
davon könnte ich prima…!“

„Vergiss es!“

„Wir teilen uns das Geld!“

„Nein!“

„Du behältst das Geld ganz! Hauptsache, ich muss nicht zur Hochzeit!“ Dicke Tränen standen ihr in den Augen.

„Sina, das sind doch alles keine Lösungen für das eigentliche Problem…“

„Ich habe keine Probleme, aber ich sage dir eins, Papa wird eines
haben, das garantiere ich dir – und du, du steckst doch mit ihm unter
einer Decke!“

Nach diesem Rundumschlag, mit dem ihr kleines verletztes Mädchen ihre ganze Empörung kundgetan hatte, verschwand sie erneut.

___

Lustlos blätterte sie in der Zeitung, als plötzlich Sina ganz
verschlafen in der Küchentür stand. Schuldbewusst murmelte sie ein
‚Guten Morgen‘, nahm sich einen Becher und goß vorsichtig Tee ein.

„Ich habe mich ganz schön blöd benommen gestern, entschuldige
bitte…“, begann sie äußerst zaghaft, „Mamusch, ich schaffe das
einfach nicht, zu der Hochzeit zu gehen, wirklich nicht. Ich werde Papa
anrufen und ihm das erklären – und die 600 Euro, die geben wir ihm
zurück. Ich denke, das ist der beste Weg – oder?“

„Es ist dein Weg, Sina, komm mal her zu mir“, sagte sie mit großer
Erleichterung und legte ihren Arm um ihre Tochter, sobald sie in
erreichbarer Nähe war. „Reden ist immer gut – und einmal oder mehrmals
über eine Angelegenheit zu schlafen ist auch von Vorteil. Was hältst du
davon, wenn wir uns einen knallvergnügten Mädelstag machen? – Deinen
Vater kannst du am Montag immer noch anrufen.“

Momentaufnahme: Kind

„Ob es ein Mädchen wird oder ein Junge, das ist mir völlig egal. Und Namen? Nee, die haben wir auch noch nicht. Ich kann dieses ganze Getue und Gemache nicht ausstehen. Namen sind mir egal, wurscht, verstehst du, sie haben keine Bedeutung für mich. Bei mir klingt da nichts, auch nicht bei Doppelnamen oder Lautübungen bezüglich der Kompatibilität mit dem Nachnamen. Am liebsten würde ich es ‚Kind‘ nennen.“

(Gesprächsfetzen/U-Bahn)

Daily Musings: Faulenzen

Manchmal möchte

man

faulenzen

wie ein

Gulli im

Sonnenschein,

wie ein Rasenmäher

im Winter,

wie eine Nachttischlampe

am

Tag.

Josef Reding

Traumtänzers Nachtpfade

Auf Traumtänzers Nachtpfaden

gelange ich zu dir.

Leicht, wolkenwattig,

nachtblausamtig, sternenmeerstrahlend.

Du erkennst mich nicht,

träumst deinen eigen Traum.

Wieder erreichbar!!!

Nach einigen Wartungsarbeiten bin ich nun hoffentlich wieder erreichbar!

LG – Donna

Ein Phänomen moderner Webkultur – FLASHMOB: http://de.wikipedia.org/wiki/Flashmob

Flashmobber kommunizieren online, per E-Mail oder per Handy, um sich auf öffentlichen Plätzen zu verabreden und mit Blitzaufläufen Chaos zu stiften. Da wird auch nicht Halt gemacht vor einer Geschäftsstelle eines führenden Burgervertreibers, wo dann mal so eben fast 1000 Burger über die Ladentheke gehen.

Mit Kultur hat das für mich nichts zu tun und mit gepflegtem Freizeitverhalten schon gar nicht…

Aber vielleicht seht ihr das ganz anders.

Sie erwachte mit dem wohligen Geschmack von Schokolade im Mund – das ganze Schlafzimmer schien erfüllt zu sein von Schokoladenduftkompositionen. Aber anstatt sich gemütlich noch einmal umzudrehen und die Traumfetzen irgendwie einzufangen und zusammenzulegen zu einem Traumganzen, ließ sie das schlechte Gewissen oberhand gewinnen. Sie war plötzlich hellwach und war sich für einen Moment nicht ganz sicher, ob sie vielleicht doch in der Nacht aufgestanden war, um ein klitzkleines Stückchen dieser Süßigkeit zu naschen, die ihren Diätplan immer wieder durchkreuzte.

Willy Wonka fiel ihr ein, der dem Prinzen Pondicherry einen Palast aus Schokolade gebaut hatte und der gesagt hatte: „Ich werde doch nicht meinen eigenen Palast aufessen! Ich werde nicht einmal ein bisschen am Treppengeländer knabbern oder an den Wänden lecken! Ich will in dem Palast wohnen!“

Ein verschlossener Geist verharrt; er verbleibt, wo er ist. Er hält fest. Ein offener Geist ist flexibel; er nimmt andere Standpunkte an. Er lässt also ein Fließen zu und regt zum Fließen an. Fließen ist Leben, Festhalten führt zum Tod.

Michael H. Buchholz

Daily Musings: Wilde Nächte

Das Deutsch von Rachel Bringmans Erzählung „Wilde Nächte“ war grammatikalisch und orthographisch auf gehobenem Hauptschulniveau und wimmelte von Anglizismen und Sprachanachronismen. Beispiel gefällig? „Sean klickte seine Zähne und frug Chloe, ob sie wirklich war seriös über das. Ja, ich bin, versätzte Chloe, indertat ich bin. Entzündent ein andere Cigarette, Sean reichte über die Tresen für den Aschenbecher“. Verstörender als derlei auszubügelnde Nebensächlichkeiten waren bis zur Unverständlichkeit verdrehte deutsche, englische und denglische Redewendungen à la „meinetwegen mag sie ins Heu beißen“, „morgends alle von uns und hatten böse Überhänger“ oder „Sean war an Chloe gehakt total“.

Aus: „Bestseller“ von Klaus Modick, Piper Verlag, München 2009

Daily Musings: Charme

Charme ist wichtiger als man gemeinhin annimmt, denn ohne Charme ist die beste Idee unattraktiv, niemand will sie haben. Wenn du aber deine Idee von einer Traumfee bekommst, die sie dir unwiderstehlich macht, greifst du sie viel lieber auf und schon beginnt sie, Veränderungen zu bewirken.

Richard Bach in „Einssein“

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