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Daily Musings: Der Eitle

Der zweite Planet war von einem Eitlen bewohnt.

„Ah, ah, schau, schau, ein Bewunderer kommt zu Besuch!“, rief der Eitle von weitem, sobald er des kleinen Prinzen ansichtig wurde.

Denn für die Eitlen sind die anderen Leute Bewunderer.

„Guten Tag“, sagte der kleine Prinz. „Sie haben einen spaßigen Hut auf.“

„Der ist zum Grüßen“, antwortete ihm der Eitle. „Er ist zum Grüßen, wenn man mir zujauchzt. Unglücklicherweise kommt hier niemand vorbei.“

Aus:  Der kleine Prinz von Antoine de Saint- Exupéry

Wir sind Geschichtenerzähler, Mythenschöpfer, und Legendenweber, und unser Leben sind unsere besten Geschichten. Wir schreiben das Skript unseres Lebens. Wir sind die Hauptdarsteller. Wir führen Regie und produzieren den Film. Letzten Endes sind wir für das verantwortlich, was wir aus unserem Leben gemacht haben.

Chuck Spezzano

Da steht sie nun mit zwei Portemonnais in der Hand, um ein Knäuel Strumpfwolle zu bezahlen. Sie ist unschlüssig. Soll sie das Geld aus dem schwarzen Geldbeutel nehmen, in dem sich das „Familiengeld“ befindet, oder aus dem blauen, das ihr persönliches „Vergnügungsgeld“ beinhaltet? Nun gut, auf der einen Seite braucht ihr Sohn neue Socken, auf der anderen Seite bereitet ihr das Stricken viel Freude. Sie zögert einen kleinen Moment, dann hat sie sich beherzt entschieden. Das blaue Portemonnaie wandert zurück in die Handtasche, beherzt greift sie nach einem zweiten Wollknäuel. Nun gut, dann bekommt die Tochter auch noch ein Paar Selbstgestrickte…

Aber damit das auch schön transparent bleibt: Kinobesuche, Bücher, Eintrittsgeld für Museen, schöne Zeitschriften, ein teurer Lippenstift…das bestreitet sie vom Vergnügungsgeld. Manchmal entscheidet sie auch anders, Gründe dafür gibt es immer genug.

Was fällt dir spontan zu „schön“, zu „Schönheitsideal“ ein, frage ich meine Tochter Walli. Schlankheit, sagt sie sofort und nach einem leichten Zögern: Dürrheit, Jugend. Sie ist nicht dürr, sie wohnt unbekümmert in ihrem Körper, mag ihn, auch wenn sie mal zunimmt. Redet jemand dumm daher, schiebt sie sich noch eine kleine Pizza ein, telefoniert mit ihren Freundinnen oder mit ihrem Freund, läßt sich nicht irritieren und lästert über knallharte Schönheitstipps (Schlafen Sie auf harten Kopfkissen, damit Sie kein Doppelkinn…haha). Nullachtfuffzehn-Schönheit wird von Fotografen und Mode-Designern definiert, meint sie.Wenn nicht irgendjemand gesagt hätte, Frauen müssten dünn sein, wäre dick das Schönheitsideal. Dick ist gemütlicher. Sagt sie.

Aus: Luisa Francia, Starke Medizin, Verlag Frauenoffensive, München 1995

Momentaufnahme: Warten

Noch nie,nie,niemals nicht ist es mir passiert, dass ich in eine Arztpraxis kam, der Arzt schon freudig in der Tür seines Behandlungszimmers stand und sagte: „Guten Tag, Frau Schreibt, Sie haben einen Termin mit mir vereinbart, was kann ich für Sie tun?“

Auf maximal sechs Wartephasen kann man als richtig guter Patient kommen:

1. WARTEN, bis man sich an der Rezeption anmelden kann. Dann ins Wartezimmer.

2. WARTEN, bis man auf das kleine Höckerchen darf, das vor dem Labor zur Blutentnahme steht.

3. WARTEN, bis man in das Labor hereingebeten wird.

4. WARTEN, bis die Arzthelferin wirklich kommt und das Blut abnimmt. Wieder ins Wartezimmer.

5. WARTEN, bis man in ein Arztzimmer gebeten wird.

6. WARTEN im Arztzimmer, bis der Arzt kommt.

7. Ohne Laborgedöns verkürzen sich die Wartephasen auf 4!

So, über mögliche und unmögliche Wartezeiten schreibe ich jetzt nichts. Falls man nämlich in der Warteschleife mal vergessen wird in dem ganzen Trubel, kann der WarteBetrag auch schon mal stundenmäßig gefühlt zweistellig ausfallen. Mein Krankenkassenbeitrag ist dreistellig. Leider bin ich so gar nicht der Wartetyp, der sich gierig über abgegrabbelte Frau im Spiegelsaal-Hefte hermacht oder die akustische Bekanntschaft mit den Krankheiten aller Mitwartenden macht. Nein, ich möchte ganz in Ruhe warten und spüren, wie ich so ganz langsam und allmählich an meine ganz persönliche Wartegrenze komme…

Und, heute schon gewartet auf irgendetwas?

Herzlichst – Frau Donna Schreibt

Am allermeisten aber liebe ich Spaghetti. Zum ersten Mal aß ich sie, als ich mit Mutter, Tante, Schwester und Oma in einem winzigen BMW 600 nach Italien fuhr. Spaghetti – der Beginn der großen Welt, das Exotische, Erotische schlechthin. Ein Teller Spaghetti klärt jede trübe Stimmung. Spaghetti mit Kindern genossen werden zu einer lustvollen Freßorgie. Spaghetti sind meine Erdung, meine Seelennahrung und mein Trost. Und Spaghetti machen überhaupt nicht dick. Sagt Gina Lollobrigida, und ich kann es bestätigen.

Aus: Luisa Francia, Starke Medizin, Verlag Frauenoffensive, München 1995

Ich habe mir immer gewünscht, in einem Film zu leben,…Warum nicht? Die Versuchung war so stark: Es gibt auf der Welt keinen besseren Platz, wo man leben kann.

In einem Film geht alles glatt. Und in einem Film herrscht große Gerechtigkeit, weil alles so eintritt, wie es sein soll. Daher gibt es keinen besseren Ort zum Lieben und Geliebtwerden.

Die Liebe in einem Film, in einem guten Film, in dem Doris Day, obschon sie tausend Sachen im Kopf hat, die sie zu Ende bringen will, den Beschluß fasst, sich lieben zu lassen, ist dermaßen notwendig, unvermeidlich und geboten, daß es bloß noch darum geht, sie auf der Stelle zu packen und bis zum Schluß festzuhalten. Dort, wo sie sich schließlich küssen und umarmen und sich einander aus solcher Nähe in die Augen sehen, daß sie alles erkennen. und selbst dann, wenn die Lichter angehen und die Leute aufstehen, sich strecken und ihre Mützen aufsetzen, wissen alle im Saal und im Vorführraum und im Foyer und wohin auch immer der Ruf dieses wunderbaren Films gedrungen ist, daß die Liebe hier nicht aufhört.

Auszug aus der Geschichte ‚Die Bärin‘ von Maurizio Maggiani in „Die Liebe ist ein Schwindel“ – Liebesgeschichten,Verlag Lutz Schulenburg, Hamburg 2004

Momentaufnahme: Anstrengung

Viele Jahre hatte ich ohne einen Partner oder Lebensgefährten verbracht. Es ergab sich so, ich war all die faulen Kompromisse Leid und die Verbiegungen.

Als ich Tante Martha den neuen Mann an meiner Seite vorstellte, lächelte sie auf die ihr ganz eigene wohlwollend weise Art, mit der sie ihre unausgesprochene Zustimmung gab.

„Da musst du dich aber jetzt sehr anstrengen“, sagte sie zu mir, als wir einen Augenblick alleine waren.

Daily Musings: Kreidekreis

Weil du innehieltest

weil du allerdings diesen einen

zärtlichen Augenblick

deinem Anspruch entsagtest

knieend am Kreidekreis

der das Geliebte umschließt

wird was du dir entreißen ließest

das wirklich Deine

dir zurückgelegt in den Schoß.

Eva Zeller

Fragst du mich,

was ich

mit den Gedanken mache,

die wie Maulwürfe

den grünen Rasen zerstören,

die wie Holzwürmer

den stützenden Balken zermahlen,

die wie Wasserratten den

Damm zernagen?

Ich richte ihnen ein Zimmer ein

mit einem Bett,

einem Schrank,

mit Bildern an den Wänden,

einem Tisch

mit Stühlen

und

einem Ofen,

in dem ich sie verbrennen kann.

Dirk Vardow

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