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Paare: Lavendelehe

Sie hatte ganz ruhig zugehört, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Schweigend sah sie mich an. “Dann sind wir jetzt sozusagen verlobt?”, fragte sie zaghaft. “Naja, so in der Art, wir werden sehr schnell heiraten”, antwortete ich geschäftsmäßig kühl. “Und Kinder?” – “Keine Kinder”, gab ich knapp zurück. Sie senkte ihren Blick und ich hörte ein kaum vernehmbares OK. Sie war bereit, die finanziellen Vorteile und das gesellschaftliche Ansehen, das sie durch dieses Arrangement genießen würde, gegen ihre ursprungliche Lebensplanung einzutauschen.

Ich war erleichtert. Endlich würden meine Eltern zufrieden gestellt sein. Nachdem ich in das Geschäft meines Vaters als Juniorchef eingestiegen war, wurden ihre Forderungen immer vehementer: Du brauchst eine Frau an deiner Seite, du brauchst sie zum Repräsentieren, du brauchst eine eigene Familie…  Sie wussten nicht, was ich wirklich brauchte, denn schon seit Jahren gab es ihn, meinen Lebensgefährten. Wie so viele Homosexuelle führten wir ein Leben im Verborgenen – meist an den Wochenenden in Holland. Sich zu outen, das wäre für uns beide niemals in Frage gekommen. Eine Scheinehe war in meiner Lage die einfachste Lösung.

So hatte ich nach der Eheschließung zwei Leben. Wir galten jahrelang als glückliches Paar. Was sich außerhalb der Öffentlichkeit zutrug, ging niemanden etwas an. Eine innige Freundschaft verband uns, wir konnten uns aufeinander verlassen.

Aber auch sie hatte zwei Leben. “Ich bin schwanger”, teilte sie mir eines Abends mit, “du weißt, dass das durchaus vorkommen kann, wenn man so viele Jahre verheiratet ist. Es wird sich für dich nichts ändern, das verspreche ich dir, aber mir ist es unendlich wichtig.” Beide schwiegen wir eine Weile. “Es war anders abgesprochen…”, begann ich, nachdem ich mir einen doppelten Brandy genehmigt hatte und mir eingestehen musste, dass ich das erste Mal Angst hatte, sie zu verlieren. Große Angst. Ich durfte jetzt keinen Fehler machen. “…dann werde ich mich schnell mit dem Gedanken anfreunden, dass ich Vater werde.” Erleichtert nickte sie. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und ich umarmte sie voll ehrlicher Zuneigung.

Unsere Tochter wurde im Oktober geboren. Mein Lebensgefährte verließ mich im Dezember kurz vor Weihnachten. Nein, es gab keinen anderen, er verstarb plötzlich an den Folgen einer Hirnblutung – und ich war nicht bei ihm.  Aber sie war bei mir, als ich die schreckliche Nachricht erhielt. Ich war wie gelähmt vor Schmerz, konnte es nicht fassen, sank auf das Sofa und vergrub mein Gesicht in den Händen. Sie setzte sich ganz still neben mich und berührte nur leicht meinen Arm. So verharrten wir lange, bis sie sagte: “Du bist nicht allein – du hast doch uns.”

Daily Musings: Auf halbem Weg

Manche Leute lieben das Pech so sehr, dass sie ihm immer auf halbem Weg entgegenkommen.

Douglas William Jerrold

Ändern wir doch die Richtung: Gehen wir einfach dem Glück auf halbem Weg entgegen! Schritt für Schritt wird man zu Beginn auf neuen Pfaden wandeln, aber die Leichtigkeit, die dabei entsteht, wird einen schnell ans Ziel bringen.

Daily Musings: Wer versteht

Wer nichts weiß, liebt nichts.

Wer nichts tun kann, versteht nichts.

Wer nichts versteht, ist nichts wert.

Aber wer versteht,

der liebt, bemerkt und sieht auch…

Je mehr Erkenntnis einem Ding innewohnt,

desto größer ist die Liebe…

Wer meint, alle Früchte würden gleichzeitig mit den Erdbeeren reif,

versteht nichts von den Trauben.

Paracelsus


Klappentext: Diesmal wird Weihnachten richtig gut: Unvergesslich leckere Plätzchen, Kuchen, Torten und liebevolle Geschenke aus der Küche. Und für das gelungene Festmenü die schönsten Rezepte, die Sie ganz nach Belieben untereinander kombinieren können.
BRIGITTE wünscht entspannte Feiertage und: Viel Spaß!


Viel Spaß verspreche ich mir auch von diesen vielen Rezepten – die Entscheidung fällt schwer, weil da alles irgendwie verführerisch lecker aussieht und verheißungsvoll klingt.


Im Vorwort steht: “Als die drei Weisen aus dem Morgenland dem Christkind ihre Aufwartung machten, hatten sie Gaben dabei: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das waren wertvolle Geschenke, nur konnte man nichts davon essen.”


Aber was wäre die Advents- und Weihnachtszeit ohne die eine oder andere Köstlichkeit und Schlemmerei? Vorgemerkt für meine Weihnachtsbäckerei habe ich erst mal die Mohn-Orangen-Rauten, die Glühwein-Herzen und die Erdnuss-Ingwer-Biscotti… Nun muss ich nur noch die Zutaten besorgen, dann kann es losgehen – zum zweiten Advent soll es nämlich auch in meiner Küche herrlich duften!!


WEIHNACHTEN
Brigitte Kochbuch-Edition Gräfe und Unzer Verlag ISBN: 978-3-8338-1512-6 12,90 Euro

Daily Musings: Zusammengewachsen

Wie im Traum

sind wir zusammengewachsen.

Und nun

kann ich nicht springen,

denn meine Hand

hält deine fest.

Marina Tsvetayeva

Daily Musings: Ja und Nein

„Ja“, sagte ich dir gestern Abend –

„Nein“ wird die Antwort heute sein.

Das Farbenspiel beim Kerzenflackern

Ist anders als beim Sonnenschein.

Elizabeth Barrett Browning

Theos Ausführungen in “Der gestohlene Abend” von Wolfram Fleischhauer, S.75/76:
“Für mich ist Kunst ein Spiegel, nichts weiter. Bücher, Erzählungen, Romane. Was ist das anderes als eine Projektionsfläche für unsere Wünsche, Sehnsüchte, Fragen, Ängste. Warum lesen wir denn?”

“Wir lesen immer nur uns selber, die anderen sind doch immer nur ein Vorwand. Und wenn du schreiben würdest, dann würdest du das sofort bemerken. Schreiben heißt spiegeln. Wer eine Geschichte erzählt, bestimmt die Zahl, die Anordnung und den Schliff der Spiegel, die er aufstellt. Und er läuft als Erster durch den Raum, der dabei entsteht. Er schaut sich die Brechungen an, die Perspektiven, die unschönen Verzerrungen oder die schönen Verdopplungen. Aber im Grunde ist er auch nur ein Leser, ein hoffentlich aufmerksamer Protokollant seiner eigenen Obsessionen und Projektionen.”

Der gestohlene Abend von Wolfram Fleischhauer
Liebe, Rivalität und ein literarisches Geheimnis – Piper-Verlag – ISBN: 9-783492048477 – 19.90 Euro
Klappentext: Es ist die Leidenschaft zur Literatur, die Matthias an die berühmte Hillcrest-Universität nach Kalifornien treibt. Durch einen Zufall lernt er dort die attraktive, undurchschaubare Janine kennen – und es ist ausgerechnet Janines Freund David, der Matthias den ersehnten Zutritt zum innersten Kreis von Hillcrest verschafft. Welches Geheimnis aber steckt hinter den neuen, spektakulären Thesen, die dort gelehrt werden? Und warum zieht David gerade seinen Widersacher ins Vertrauen?

Ein überaus spannendes Buch – ich kann nur sagen: lesen, lesen, lesen!
Frei nach dem Duplo-Slogan “Für die einen ist es Schokolade, für die anderen die längste Praline der Welt”, möchte ich es mal so verpacken: Für die einen ist es ein interessanter Roman, für die anderen eine Abenteuerreise durch die Literaturtheorie und deren Rezeption.
Mit diesem Roman bin ich noch lange nicht fertig – da gibt es noch eine Menge Hausaufgaben in den nächsten Tagen für mich zu erledigen, ehe ich ihn ein zweites Mal lesen werde:
1. “Politeia” von Platon
2. “Über das Marionettentheater” von Heinrich von Kleist
3. “Über die ästhetische Erziehung des Menschen” von Schiller
4. “The Case of Paul de Man” by James Atlas, New York Times
5. “Paul de Man: The Plot Thickens” by David Lehman, New York Times

Also, ich bleibe dran und werde garantiert an dieser Stelle noch einmal etwas über dieses Buch äußern…

Daily Musings: Schmerz

„Sowohl körperlicher als auch seelischer Schmerz dauert nicht ewig.“   Katherine Mansfield

„Wer nicht weiß, wie man aus vollem Herzen weint, kann auch nicht aus vollem Herzen lachen.“   Golda Meir

Aus vollem Herzen weinen, das heißt, man ist schmerzhaft betroffen. Aus vollem Herzen lachen, das bedeutet Glück und Freude zu empfinden, unendlich viel Spaß zu haben… Und wie nah liegen Lachen und Weinen beieinander?

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